Münster - „Eigentlich bin ich ganz anders.“ Der Songtitel von Udo Lindenberg war die Leitidee für das Konzert am Freitagabend in der Jugendkirche „effata“. Hier zeigten Kinder und Jugendliche aus Heimen eindrucksvoll, dass sie anders sind, als sie häufig gesehen werden.
Etiketten haften ihnen an: schwer erziehbar, kein Bock auf Schule. Immer wieder hören sie, was sie alles nicht können sollen. Etikettenschwindel, meinte Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann, bevor die erste Popband unter anderem mit dem Lindenberg-Song den Gegenbeweis antrat. Man müsse ihnen nur die Chance geben, ihre Stärken zu zeigen.
Der Musikworkshop der Caritas unter dem Motto „So sehen Helden aus“ tat es. Manche der Mitwirkenden hatten vorher noch kein Instrument in Händen gehalten, in keinem Chor gesungen, keine Trommel geschlagen und wussten mit dem Begriff Beatbox nichts anzufangen. Nach zweieinhalb Tagen begeisterten sie mit einem über zweistündigen, breitgefächerten Programm das Publikum im überfüllten Kirchenraum. Zwei Popbands wechselten sich mit der Trommelgruppe ab und brachten die Zuhörer mit ihren Rhythmen in Stimmung. Die Beatboxer beeindruckten mit stimmlichen Imitationen von Schlagzeug und Percussion, die sie vom Deutschen Meister im Beatbox gelernt hatten. Ruhigere Melodien schob die Big Band ein, um zum Abschluss mit dem Solo im Lied „What a feeling“ zu den mitreißenden Liedern des Gospelchors mit wechselnden Solisten und 45 Sängerinnen und Sängern überzuleiten. Sie kamen nicht ohne Zugabe von der Bühne.
Verbunden wurden die einzelnen Gruppen von Moderator Stefan Siebenkotten-Dalhoff, der die Umbauphasen für Interviews mit den Jugendlichen nutzte. Eindrucksvoll war das Ergebnis auch für Bernd Keffer, Leiter des Musikprojekts des Bundesverbandes katholischer Einrichtungen der Erziehungshilfe. Einzeln sei der Umgang mit den Jugendlichen im Alltag nicht zuletzt aufgrund ihrer häufig schwierigen Herkunftsgeschichte nicht immer einfach. Wo sonst nur eine kurze Konzentrationsphase möglich sei, hätten sie im Workshop über zwei Tage hochkonzentriert ihre Stücke immer wieder geübt. „Wir Pädagogen nennen es soziales Lernen“, erklärte Stefan Siebenkotten-Dalhoff dieses Phänomen auf der Bühne, aber der Musiker sage einfach: „Wenn es grooved, dann läuft’s.“
Zweimal im Jahr treffen sich an wechselnden Orten musikbegeisterte Erzieher und Jugendliche im „Bundesmusikprojekt“ , um in wenigen Tagen ein Konzert auf die Beine zu stellen. Diesmal hatte der Caritasverband für die Diözese Münster im Rahmen des Jahresthemas „Achten statt ächten“ dazu insbesondere die Heime in der eigenen Diözese eingeladen. 40 der rund 100 Teilnehmer kamen aus der Region.